Gewaltmarsch / AUTHOR: RADNÓTI MIKLÓS / Corvina Verlag 1979 / Hardcover

ISBN: 9789631308334 / 978-9631308334

PRINTED IN HUNGARY 

LANGUAGE:  HUNGARIAN / MAGYAR

Geleitwort Ein Toter geht mir über den Weg, und es wird eine Freundschaft fürs Leben. Er hat mich nicht gekannt. Als sie ihm (um den 9. November 1944) den Genickschuß geben, bin ich 750 km weiter westlich ein Anfänger, vierundzwanzig, von deutscher Mundart. Aber frühe Sprachneugier und spätere Hochachtung vor der Nation Petöfis endet im Ungarisch-lernen, und eines Tages kommt es zum Schock der Bekanntschaft, Miklós Radnóti, ein Bild und ein Text in einer ungarischen Illustrierten: ein Mann und ein Wort von umwerfender Lauterkeit. Seine Qualität ist nicht aufs Brot gestrichen. Sein Leser, der in den Gedichten vorne einsteigt, wird eher zögernd anbeißen. Jetzt erreicht ihn aber der Bericht über das schmale Schluß-Gedicht-heft. Es ist hinter dem — serbischen — Lagerstacheldraht und auf dem Gewaltmarsch zurück durch Ungarn, der geplanten Vernichtung entgegen, entstanden. Bs ist mit dem marschunfähig und liquidationsreif gewordenen Dichter unterwegs ins Massengrab gegangen und anderthalb Jahre später in die Literatur der Menschheit exhumiert worden aus dem Grab: Dokument einer fast unfaßlich reinen Menschlichkeit. Sanft und unbeugsam ist einer ihrem vornehmen Gesetz treu geblieben und hat sich bis ins letzte Leiden eine Konzession an den Haß, Radau und Rachedurst versagt: Miklós Radnóti. Anders, unruhiger liest sich von da ab der Leser in den Dichter ein, und spätestens beim „Stier"-Gedicht von 1933 wird er so betroffen aufhorchen wie das Reh dort im Wind voll Wolfsatem. 1933 - ein Mensch mit dem Makel jüdischer Geburt und subtiler Zeitgenossenseele weiß im selben Moment klar wie ein markiertes Opfer: das wird mein Tod sein. Halblaut, knapp, ohne Hysterie spricht er das zehn Jahre hindurch in seine Verse. Er ruft den Tod nicht, er feiert das Leben; aber er steckt nicht den Kopf in den Sand. Wachsam wartet er seinem Schicksal entgegen, die Feder in der Hand, und klagt das Zeitalter wirksamer an als ein Ankläger. Sein Pathos ist der bescheidene, nur eben registrierende Ausdruck. Nur vom Ende her gehen die Verse der Frühzeit richtig auf. Kecke Töne, kühne Griffe, Modernismen täuschen nicht lang über die tiefe Einfachheit und innige Zucht auch schon im jungen